GESCHICHTE - FACHLITERATUR

1 - Geschichte der Entwicklung des Kompasses
2 - Fachliteratur


1 - Geschichte der Entwicklung des Kompasses

Das Mineral : Der Magnetstein (Magnetit)

Foto links: Magneteisenserz (zum Vergrößern, Bilder anklicken)
Es bildet würfelförmige Kristalle mit der chemischen Formel Fe3O4. Das ist der Stein, mit dem alles anfing. Analog zur Bibel kann man auch hier behaupten: „am Anfang war... der Magnetit.“ Dank seiner Eigenschaft, Metallstäbe magnetisieren zu können, konnte die Welt jenseits des Horizonts erforscht und entdeckt werden. Dadurch konnten die Seeleute ihren Weg zurückfinden konnten, wenn die Sterne und die Sonne von Wolken verdeckt waren. Jahrhundertelang mussten die Kompassnadeln mithilfe großer eingefasster Kristalle remagnetisiert werden (Foto rechts. Magnetkristall in Silber eingefasst, 19. Jh., Musée de la Marine, Paris). Die Magnetnadel zeigt aber nicht nach Norden: sie richtet sich nach den magnetischen Kräftelinien zwischen dem Nord- und dem Südpol der Erde aus.

Die Entwicklung des Instrumentes

Wir benutzen hier den Begriff ERFINDUNG absichtlich nicht, da es sich hierbei um eine Entwicklung in mehreren Schritten gehandelt hat. Wir schließen uns A. Schück an, der in seinem Standardwerk Der Kompass (s. u. Bibliographie) einen schwedischen Autoren zitierte und vermutlich auch die englische Fassung dessen Werkes ins Deutsche übersetzte und ergänzte:
 
(Zitatanfang):
Von einer Erfindung des Kompasses kann genau genommen keine Rede sein, sondern von der Erkenntnis und Benutzung einer Kraft, die zur Herstellung von Vorgängern des Kompasses führte. A. E. Nordenskiöld kennzeichnet dies auf das Treffendste in Periplus (ins Englische übersetzt von Francis A. Bather, Stockholm, 1897) VI. Portolano's S. 47 u. ff. :

"Es sind vier Stufen zu unterscheiden:
1. Die Entdeckung eines Gesteins mit polar-magnetischer Eigenschaft, d.h. mit der Kraft Eisen anzuziehen. Von diesem Gestein gibt es nur eine Art in größeren Mengen auf der Oberfläche der Erde: Magnetstein oder Magnetit.
2. Die Entdeckung, dass Stahl oder gehärtetes Eisen polar-magnetisch gemacht werden kann, indem man es mit Magnetstein bestreicht.
3. Die Entdeckung, dass der Magnet oder das magnetisierte Eisen - sobald es derart gestützt oder aufgehängt ist, um sich frei bewegen zu können -, die Eigenschaft besitzt, eine bestimmte Richtung anzugeben, indem es stets einen bestimmten Winkel mit der Nord-Südlinie bildet.
4. Die Erkenntnis, die magnetisierte Eisennadel als Richtungsmittel anzuwenden."
(Zitatende)
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Das Phänomen des Magnetismus war bereits sowohl in Europa als auch in der fernöstlichen Antike bekannt.
- Plinius d. Ä. (23-70 nach J.C.) zitiert Nikandros aus Kolophon, welcher berichtet, dass ein Magnes genannter Hirte auf dem Berg Ida feststellte, dass die Nägel seiner Schuhe und die eiserne Spitze seines Hirtenstabs von den Felsen angezogen wurden (... magnes appellatus est ab inventore, ut auctor est Nicander in Ida repertus invenisse autem fertur clavis crepidarum, baculi cuspide haerentibus, cum armenta pasceret). Lukrez (98-55 vor J.C.) schrieb auch, dass dieses Gestein neben der Stadt Magnesia abgebaut wurde. Die Frage ist, ob die Stadt nach dem Gestein oder das Gestein nach der Stadt benannt wurde...
- Es wird auch vom Mittelmeer bis zum indischen Ozean in verschiedenen Sagen von einer Insel berichtet, an der die Schiffe nur mit großem Abstand vorbeisegeln durften, da ansonsten die Metallnägel aus den Planken herausgerissen würden.

ABERGLAUBE:
Die geheimnisvolle Wirkung des Magnetismus, die sich in Anziehung oder Abstoßung zeigt, förderte im Mittelalter auch manchen Aberglauben. Man verwendete Magnetit zur Prüfung der Treue einer Frau und legte ihn ohne ihr Wissen unter das gemeinsame Bett. Rückte die Geprüfte eng an ihren Ehemann und schlief an seiner Seite ein, war ihre Treue bewiesen. Im gegenteiligen Fall wurde die „untreue“ Ehefrau von der geheimnisvollen Kraft des Steines aus dem Bett geworfen (zitiert nach Joachim Müller-Bremberger).

Es ist allgemein anerkannt, dass die Entdeckung der Eigenschaft dieses Gesteins, seine Polarität auf ein Stück Metall übertragen zu können und mit diesem eine Himmelsrichtung zu zeigen, zuerst in China gemacht wurde (genaue Angaben zu den chinesischen Quellen: s. J. Klaproth, bzw. deutsche Übersetzung in Wittstein und A. Schück). Es hat im alten China (angeblich sogar lange vor unserer Zeitrechnung) ein magnetisches Instrument gegeben: es handelte sich um eine Art viereckigen Teller (die Erde darstellend) mit einem löffelförmigen Zeiger aus Magnetit ("Nord-Löffel" den Großen Bären bzw. Big Dipper auf Engl. darstellend). Dieses Gerät wurde für die Wahrsagung und die Geomantie verwendet (Abb.: siehe WIKIPEDIA / Kompass - s.a. Religion / Chinesische Tradition und Feng Shui).

Ein anderes in der chinesischen Literatur erwähntes Gerät wurde meistens mit dem magnetischen Kompass in Verbindung gebracht. Laut Wikipedia (Kompasswagen) handelt es sich jedoch um eine rein mechanische Vorrichtung ohne magnetische Bestandteile. Es ist jedoch durchaus denkbar, dass nach dem selben Prinzipien wie dem o.g. Löffel, ein längliches Teil im Ärmel versteckt war, dünn im Arm und dick im Körper um im Gleichgewicht zu bleiben. 
(Abb. links: südweisende Wagen. Bild links stammt aus der chines. Enzyklopädie San thsaï thou hoei (1609) und Bild rechts aus der großen japanischen Enzyklopädie, Band XXXIII - Zum Vergrößern, Bild anklicken).
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(Abb. r.: aus "Die Wunder der Welt, Marco Polo, 1307, Bibl. Nat. Paris)

Etwa um die 1. Jahrtausendwende wurde in der chinesischen Schiffahrt ein Kompass verwendet, bei dem ein magnetisiertes Metallstäbchen auf einem Schwimmer in einer mit Wasser gefüllten Schüssel schwamm. Diese Kenntnis könnte im indischen Ozean an die arabischen Seeleute weitergegeben worden sein. Diese wiederum hätten diese Kunst den christlichen Seeleuten im Mittelmeer beigebracht. Diese Chronologie ist umstritten, da sie nicht durch schriftliche Texte eindeutig belegt ist. Die ersten Erwähnungen von Schiffskompassen in persischen oder arabischen Texten stammen aus dem frühen 14. Jh., d.h. erst nach der ältesten französischen Erwähnung durch Hugue de Bercy / Guyot de Provins (s.u.), aber sie wäre aufgrund der geographischen Gegebenheiten und der damaligen Kriegs- und Handelskontakte logisch. Es wurde auch nachgewiesen (nachzulesen in Two Early Arabic Sources on the Magnetic Compass von P. G. Schmidl, 52 S., Kopie kann bestellt werden), dass die Araber den Kompass spätestens im 13. Jh. für die Ermittlung der Qibla verwendeten.

Andererseits hat E. von Lippmann (s. u. Bibliographie) überzeugend dargelegt, dass die skandinavischen Seeleute, die bis Island und im Mittelmeer bis Sizilien segelten, möglicherweise gegen Anfang des 2. Jahrtausends diese Fertigkeit beherrscht haben müssen (Zusammenfassung: hier klicken), obwohl dafür endgültige schriftliche Beweise fehlen.

Das Gerät bzw. die Magnetnadel wurde in den romanischen Sprachen rund um das Mittelmeer oft calamita (Ried, Schilf) genannt, aber nicht weil es einem Frosch ähnelte, wie viele Autoren behauptet haben (der Begriff existiert immer noch im lateinischen Namen der bufo calamita genannten Kröte d.h. crapaud des joncs auf Französisch, wortwörtlich "Schilfkröte"), sondern weil die magnetisierte Nadel in ein stück Schilf hineingesteckt wurde, damit es auf dem Wasser in einer Schale schwimmt: ein kalam (griech.) war ein Schreibutensil aus Schilf. Eine andere alte französische Bezeichnung (s. Marinette in Guyots Gedicht) rührt vermutlich daher, dass diese "Maschine", die treueste Freundin der Seeleute (marins) war.

Bild rechts: pseudo-historische Darstellung der großen Entdeckungsreisen (Beigabe in Kaffeepackung): Der Text lautet: "1490. Der Kompass wurde kürzlich entdeckt... "

Der früher auch in Österreich geläufige Begriff Bussole (siehe u.a. Goerz' Richtbussole und Bézards Orientierungsbussole) stammt aus dem griech. Wort pixis, das ins Italienische zu bussola wurde. Eine Theorie besagt auch, das das Wort nicht aus dem italienischen bussolo (Buchsbaumschachtel), sondern aus dem Arabischen el-mouasaléh (Spitze, Stachel) stammen könnte. Die Lautverschiebung M zu B sei in mehreren arabischen Dialekten (Klaproth, S. 29) sowie in unseren westlichen Sprachen (Giacomo - Jakob) belegt. Der Begriff Kompass hingegen wurde sehr wohl dem Italienischen (il compasso : der Zirkel zum Zeichnen der Rose) entnommen und hat sich in den meisten Sprachen etabliert. Damit wurde allerdings die modernisierte Form des Schiffskompasses bezeichnet.

Diese rudimentäre ursprüngliche Technologie wurde im Mittelmeer weiterentwickelt. Eine bahnbrechende technische Neuerung soll im frühen 14. Jh. eingetreten sein (s. Legende von Flavio di Gioia).  Die arabischen Seeleute jedoch benutzten das ursprüngliche System noch lange, wie die portugiesischen Seefahrer später berichteten, nachdem sie diesen Teil der Weltozeane erreicht hatten. Vermutlich betrachteten sie den Kompass in seiner ursprünglichen Form als einen bloßen Gadget, der ihnen nichts brachte, da sie bereits dank ihrer hervorragenden Kenntnisse in der astronomie und der Mathematik sehr präzise mithilfe der Sterne navigieren und sich auf einen ewig klaren Himmel verlassen konnten.
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Die peinliche Legende von FLAVIO DI GIOIA:
Seit über 400 J. wird die Erfindung der rotierenden Kompassrose einem gewissen Flavio di Gioia aus Amalfi zugeschrieben (s. a. VERSCHIEDENES / Himmelsrichtungen), aber eindeutige Belege dafür gibt es nicht. Nur die Stadt Amalfi war für ihre Flotte und ihre maritimen Verbindungen zu den östlichen Küsten des Mitttelmeers berühmt. Der Name des Erfinders steht in keinem frühen Dokument. Mehrere Quellen aus dem 14. und 15. Jh erwähnen zwar die Erfindung als großen Fortschritt, aber ein Name taucht nie auf. Nur von einem gewissen Flavius (Blondus) ist die Rede, der über die Erfindung des Kompasses in Amalfi berichtete. Erst gegen Ende des 16. Jh. schreibt plötzlich der napoletanische Geschichtschreiber Scipio Mazzella (in Descrittione del regno di Napoli, Napoli 1588, 2. Ausg. 1601, S. 65) ein gewisser "Flavio di Gioia aus Amalfi" habe 300 J. vorher "la bussola della calamita con la carte di navigare" (dose für Magnetnadel mit schwimmender Windrose) erfunden (Schück, Bd. II, S. 12/13). Auch W. Gilbert schreibt (De Magnete, London 1600) "Im Königreich Neapel sollen zuerst die Melfitaner den Kompass in Gebrauch zu nehmen gezeigt haben, wie Flavius Blondus für die Melfitaner nicht genug zu rühmen erwähnt, von einem gewissen gelehrten Bürger Johannnes Goia im J. n. Chr. 1300."  Ebenso formulierte es Guillaume de Nautonnier (in La mécométrie de Leyman, Toulouse T. 1, 1603, S. 8) : "Cet instrument dont on avait oublié l'usage a été réinventé par un habitant d'Amalfi du nom de Gioia comme le rapporte Flavius" (Wie Flavius berichtet, wurde dieses in Vergessenheit geratene (!?) Instrument durch den Amalfitaner Gioia wieder erfunden).

(Anm.: Die folgenden Absätze sind dem Aufsatz The Medieval Technology Pages von Paul J. Gans teilw. entnommen bzw. übersetzt und kommentiert).

"Es gibt in einem Manuskript aus dem Jahr 83 unserer Zeitrechnung einen Hinweis auf eine löffelförmige Vorrichtung zur Anzeige der Südrichtung (siehe Bild in WIKIPEDIA / Kompass). In einem anderen Dokument aus der selben Epoche wird erwähnt, dass die Jadesammler von Cheng ein als "südweisenden Wagen" bezeichnetes Hilfsmittel verwendeten, um ihrem Weg in der Wildnis zu finden [Gies, S. 94 - siehe. Quellenangaben weiter unten]. Es handelte sich jedoch höchstwahrscheinlich nur um eine kleine drehend gelagerte Figur mit einem Magnetstab im Arm, die dem Wagenlenker eine Himmelsrichtung zeigte.
 
Richtungsweisende Magnetnadeln werden auf jeden Fall in China im 8. Jahrhundert nachgewiesen. Zwischen ca. 850 und 1050 scheinen sie zu unabdingbaren Navigationsinstrumenten an Bord von Schiffen geworden zu sein. [Gies, S. 94]
Ein anderer Autor jedoch zitiert jüngere Quellen, nämlich 1089-93 und 1116 für deren Verwendung in der Geomantie / Wahrsagung bzw. 1119 und 1122 für den Einsatz als Marinekompasse. [White, S. 132]

In Westeuropa hingegen tauchen die ersten Beschreibungen von Kompassen bereits vor Ende des 12 Jh. auf. Die allererste Beschreibung stammt aus der Feder eines Mönchs und Dichters, der viel gereist war, u.a. am Hofe des Kaisers Friedrichs in Mainz. Sein Name war Hugue de Bercy bzw. Guyot de Provins. Guyot war die Verkleinerungsform von Hugue. Der Name der südöstlich von Paris gelegenen Stadt aus der er stammte (Provins), war angehängt. Dieser La Bible genannte Text aus den Jahren 1180-1886 ist in ein Spottgedicht in 2700 Versen. Er wirft darin u.a. dem Papst vor, für die Christen nicht das zu sein, was der Kompass für die Seeleute ist (online abrufbare Transkription der französischen Urfassung, S. 41-43, deutsche Übersetzung hier: Der Kompass, A. Schück, Bd. II, S. 26-27,
Bild rechts: Originalext (Quelle: Gallica).

Er schreibt darin, dass die französischen Seeleute eine Nadel verwenden, die durch die Berührung mit einem amanière (von aimant - anziehend) genannten Stein "angezündet" wird und im Mittelmeerraum auch calamite genannt wird. Es wurde oft in Anlehnung auf den gleichnamigen Schilffrosch (Lat. bufo calamita) gedeutet, dass die Nadel auf dem Schwimmer einem Frosch ähnelt, aber wie H. de Saussure (und auch H. Lippman) nachgewiesen hat, geht die Bezeichnung auf das griechische Wort kalamos (Schilf) zurück.

Die nächste schriftliche Erwähnung stammt vom Engländer Alexander Neckam (De naturis rerum, Von der Beschaffenheit der Sachen). Er lebte zeitweise in Paris, wo er dieses Werk gegen 1190 verfasste. Zu dieser Zeit war die sogenannte Guyotsche Paptskritik sehr berühmt. Neckham war allerdings der Kirche gegenüber nicht kritisch eingestellt (er war Mitglied eines Ordens). Neckhams Buch wurde daher gegen Ende des Jahrhunderts weit verbreitet.

FAZIT
Das Fehlen einer schriftlichen Erwähnung durch Autoren, die meistens keine Seeleute waren, ist jedoch noch lange kein Beweis für die Nichtexistenz eines Instrumentes, zumal sich sein Besitzer bzw. Benutzer durch Geheimhaltung einen kommerziellen Vorteil gegenüber der Konkurrenz sichern konnte, die auf die Sternebeobachtung bei schönem Wetter angewiesen war. Man kann also davon ausgehen, dass das Instrument schon etliche Jahre im Einsatz war, bevor diese Autoren es notierten.
Die Tatsache, dass Hugue de Bercy/Guyot de Provins (s. u. Bibliographie) den Vergleich mit dem Kompass benutzte, um seine Kritik am Papst zu bekräftigen, beweist eindeutig, dass das Gerät an sich bereits seit längerer Zeit bekannt gewesen sein muss, da der Leser ansonsten den Vergleich nicht verstanden hätte. Bei der damaligen Geschwindigkeit der Weitergabe der Informationen, kann ein Zeitraum von 50 bis 80 Jahren mehr als plausibel angesetzt werden (siehe Arc Frodes Bericht weiter unten).
Bild rechts: "Der Kompassmacher"
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Einige Meilensteine in der Entwicklung des Kompasses in der westlichen Welt

- Im 6. Jh. vor Chr. vermutet Thales von Milet, dass der Magnetstein eine Seele hat, die verwandte Seelen (Eisen) anzieht.
- Mitte des XI. Jh. berichtet der isländische Historiker Arc Frode (1027-1148) in seiner Chronik über die Besiedlung Islands Landnamabok, dass die nordischen Seeleute damals (d.h. gegen 838) das Instrument noch nicht kannten, das die Schiffsführer im Mittelmeer verwendeten und das er Leiderstein (leitender Stein) nennt. 
- 1180-1186: Hugue de Bercy/Guyot de Provins beschreibt den Schiffskompass (s.o.).
- 1218 betrachtet der Historiker der Kreuzzüge Jacques de Vitry (1170-1240) den Kompass als unumgänglich für die Navigation auf See.
- 1225 wurde er auch in Island verwendet. [White, S. 132]
- 1269: Pierre Pèlerin de Méricourt (Peregrinus) schreibt (Originaltext auf Lateinisch): " [der Kompass] ist das Instrument, mittels dessen, du deinen Weg zu den Städten und Inseln lenken kannst. "
- 1302/1303: (teilw. erfundene Legende) ein gewisser Flavio di Gioia aus Pasitano (nahe Amalfi im damaligen Königreich Neapel) platziert die Magnetnadel mittig auf eine Drehspitze und erfindet vielleicht auch die rotierende Kompassrose.
- 1492: Kolumbus stellt eine Abweichung zwischen dem geographischen Nordpol (Polarstern) und dem magnetischen Pol (Deklination oder Missweisung) fest, als er sich circa 200 Seemeilen westlich der kanarischen Insel El Hierro befindet.
- XVI. Jh.: Der nürnberger Priest Georg Hartmann untersucht das Phänomen der Deklination und vermutet als erster die Existenz der Inklination. Die ersten genauen Messungen der Deklination werden 1541 in Paris bzw. 1580 in London durchgeführt.
- 1576: Der englische Hersteller von nautischen Instrumenten Robert Normann beschreibt das Phänomen der Inklination.
- XVII. Jh.: Der portugiesische Priester Burrus (aus Lissabon) überträgt die örtlich gemessenen Abweichungen der Deklination auf eine Weltkugel und verbindet diese Punkte mit Linien, die man heute Isogonen nennt. Der englische Astronom Halley (1656-1742) perfektioniert sie 1700 während einer Weltreise, bei der die genaue Lage der britischen Kolonien ermittelt werden soll.
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2 - FACHLITERATUR (eine kleine Auswahl)

(S.a. Kompass / Unterrichtsmittel)

Wenn die Chinesen die ersten Erfinder bzw. Anwender des Kompasses waren, so waren es europäische Forscher, die den Magnetismus wissenschaftlich untersuchten. Die wichtigsten Meilensteine wurden von den folgenden drei Autoren gesetzt. Die beste Zusammenfassung und kritische Betrachtung ihrer jeweiligen Arbeiten hat Prof. RÖLLER in seinem Werk Magnetismus (s.w.u.) veröffentlicht.

The newe Attractive (1581), Robert Norman, der die Inklination studierte.

- De Magnete, Magneticisque Corporibus, et de Magno Magnete Tellure (On the Magnet and Magnetic Bodies, and on That Great Magnet the Earth, 1600), Guiliemi Gilberti / William Gilbert, Physiker am Hof der Königin Elizabeth. Englische Übersetzung online auf der Website GUTENBERG PROJECT.

- Magnes, ars magnetica (Magnetische Kunst, 1631), Athanasius Kircher,

Weitere Werke

Lettre à M. le Baron A. von Humboldt (1834) von Julius Klaproth, einem deutschen Sinologen, der die alten chinesischen Quellen studierte (fast vollständiger*, online abrufbarer französischer Originaltext. Eine deutsche Übersetzung mit Kommentaren wurde von Dr. Arnim Wittstein 1885 erstellt (pdf-Kopie verfügbar, Bild o. r.). Eine englische Übersetzung der ersten Seiten ist auch bei Google Books abrufbar: The American Journal of Science and Art, Bd. 40. S. 242). S.a. ein anderer Auszug HIER.
* Anm.: Leider hat Google die drei großformatigen Tafeln nicht miteingescannt. Wir würden uns sehr freuen, Ihnen Fotos davon zu schicken, sollten Sie vorher für unsere Mühe via Paypal eine kl. Spende leisten.

- The rose of the winds: the origin and development of the compass card von Silvanus P. Thomson (Proceedings of the British Academy, London 1913, 31 S. und 6 Farbtafeln).

- L'origine de la rose des vents et l'invention de la boussole von Leopold de Saussure (Marineoffizier a.D.) : Kritik und Ergänzung des o.g. Briefs von J. Klaproth an A. v. Humboldt (Genf 1923, 64 S., französisch)

- Cathedral, Forge, and Waterwheel von Frances and Joseph Gies, 2. Titel: "Technology and Invention in the Middle Ages". HarperPerennial, 1995, ISBN 0-06-016590-1

- Medieval Technology and Social Change von Lynn White, Jr.s, Oxford, 1962. ISBN 0-19-500266-0

- La Boussole (1895, Lausanne, s. Bild links). Sehr interessantes, für den Unterricht konzipiertes Buch, das angeblich von einer gewissen Mme de C*** verfasst wurde. Es ist insofern eigenartig, weil die Kirche darin als Institution frontal angegriffen wird. Zweck aller Religionen sei es, die Verbreitung der Wissenschaft zu unterdrücken, um die ungebildeten Massen mit Lügen und Tricks im Aberglaube halten zu können. Es ist ein hervorragendes Zeugnis des Kampfes der damaligen französischen Regierungen (spätes 19. Jh.) gegen den Einfluss der katholischen Kirche u.a. in den Konfessionsschulen.

- Steady as She Goes (1986) A. E. FANNING: The History of the Compass Department of the (British) Admiralty.

- Der deutsche Offizier der Handelsmarine A. Schück hat drei Werke über den Kompass geschrieben. Das erste heißt Alte Schiffskompasse und Kompassteile im Besitz Hamburger Staatsanstalten (1910). Es ist ein kleinformatiges (... x ... mm) softcover Büchlein von 47 S. und 11 Tafeln. Letztere sind lose Blätter, die in einer inneren Tasche verwahrt werden (s. sein Hauptwerk in folg. Abs.).

- Der Kompass an Bord (1906)

Das Buch Der Kompass an Bord (2. Ausg. 1906) wurde von der Deutschen Seewarte (im späten 19. und frühen 20. Jhdt. eine Anstalt der Admiralität der Kaiserlichen Marine) veröffentlicht. Ihrer II. Abteilung (Instrumentenprüfung) oblag die Prüfung von Kompassen (u.a. Instrumenten) und entsprach somit dem Superintendent of Compasses der britischen Admiralty of the Royal Navy. Nachfolger ist das heutige Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie, BSH. Es enthält neben den Berechnungen für den Einbau von Kompassen in metallischen Schiffen eine ausführliche Beschreibung der damals üblichen Kompassysteme, stark angelehnt an den Eintrag Kompass in MEYER's Konversationslexikon:
Thomson (Lord Kelvin)
- Hechelmanns Variante der Thomson'schen Seidenfädenrose 
- Bambergs Fluidkompass



Drei Bücher tragen im Deutschen den selben Titel:
- Der Kompass, A. Schück (1911/1915, s. Foto rechts). Dies ist das Standardwerk über vorwiegend Schiffskompasse (beschrieben wird auch der damals junge Bézard-Kompass!). Diese großformatigen Bände (37 x 30 cm, 79 Tafeln) enthalten eine sehr umfangreiche Sammlung an Abbildungen von Kompassrosen aus allen Ländern der Welt und Epochen. Es werden zahlreiche und sehr präzise Quellen über die Entwicklung der Kompasssysteme zitiert. Ein kleinformatiger Reprint (nur ¾ der Originalgröße) ist zwar erhältlich, aber leider wurde das Original mit sehr niedriger Auflösung eingescannt und das Ergebnis ist entsprechend unscharf und dunkel (Link: Vergleich zweier Ansichten einer Tafel). 

- Der Kompass (Originaltitel The riddle of the compass) Amir D. ACZEL (2001): Sehr gute Geschichte der Kompass-Entwicklung. Der Autor räumt auch nebenbei grandios mit der frei erfundenen Legende des Flavio di Gioia auf (s.w.o.)

- Der Kompass (Originaltitel Compass) A. Gurney, 2010: Hervorragende Beschreibung der Geschichte der Entwicklung des Schiffskompasses.

- MAGNETISMUS, Eine Geschichte der Orientierung von Nils Röller, 2010 - Eine hervorragende Zusammenfassung der wesentlichen Werke über die wissenschaftliche Untersuchung des Magnetismus nach der Renaissance (s.a. ausführl. Rezension auf der Website Literaturkritik).

- Kartenkunde, Kompass, Ernst Ensperger (1935/36, 52 S.). Beilage zum Jahresbericht des Wittelsbacher Gymnasiums in München. Zeichnungen von Schülern angefertigt. Dargestellte Kompasse: Bézard und Busch. Die Einleitung ist ein typisches Beispiel für die damalige Einstellung zu den politischen Aufgaben von Jugendorganisationen.

Feldkunde, Handbuch für Soldaten und Wanderer (von Jahn, Hauptmann im Reichswehrministerium, 1933)
Kartenlesen (1), Die Ein - und Vierzentimeterkarte, Geländesportbücherei von Andreas Staub, 1935?
Kartenlesen (2), von Hans-Joachim Löschebrand-Horn (1934). Kap. 12 erwähnt den Bézardkompass (LUFFT) und den Marschkompass (Busch).

Großbritannien - Marschkompasse
Beschreibung von Kompassen der Fa. Steward in Military Sketching  Map Reading and Reconnaissance (1911) bzw. des Standardkompasses Mark III in Manual of Map Reading Air Photo Reading and Field Sketching (1955 - Bilder rechts für Beispielsseiten anklicken).

- Geschichte der Magnetnadel bis zur Erfindung des Kompasses, Edmund O. von Lippmann (1932, 49 S.). Darin berichtigt der Autor einige Ungereimtheiten der bisherigen Forschung (calamita kommt vom Griechischen kalamos = Schilf und bezeichnet keineswegs einen Frosch) und versucht insbes. Die These der Erfindung des Schiffskompasses in China (Zusammenfassung: hier klicken) zu widerlegen, um die Überlegenheit der sogenannten "nordischen Rasse" zu beweisen. Diese Studie ging (ebenso wie Schücks Werk) vermutlich auf Grund der politischen Ereignisse in Deutschland und im Ausland völlig unter: Hitlers Machtergreifung fand bekanntlich im darauf folgenden Jahr statt. Der Autor zitiert die beiden Studien der Herren L. de Saussure und S. P. Thomson nicht.

- SUR L'AIMANT - Band aus der Serie La science populaire de CLAUDIUS (Pseudonym von Charles-Claude Ruelle, 1840, 116 S., französ., 7,5 x 1,5 cm). Kurs über die Eigenschaften des Magnets. Das Kapitel über die Geschichte des Kompasses ist eine Zusammenfassung des Briefs an A. von Humboldt (s. weiter oben).

Allgemeine und spezielle Gebrauchsanweisungen
Die Gebrauchsanweisungen zu bestimmten Instrumenten werden in den relevanten Artikeln erwähnt und ggf. zusätzl. in der Boutique beschrieben und angeboten.

- Orientieren im Gelände OHNE KOMPASS
Beiheft zu einem Unterrichtsfilm (DDR, Deutsches Zentralinstitut für Lehrmittel, Verlag Volk und Wissen). Mehr zu diesem Buch im Artikel Orientieren.


LUFTFAHRT
(Für Werke in anderen Sprachen: siehe auch die ausführlichen Listen in den jeweiligen Sprachversionen des Museums)

Der Flugzeugkompass und seine Handhabung, Kapitän Fritz Gansberg, Ausg. 1 (1915) und 2 (1917) bei Verlag von M. Krayn, Berlin W., jeweils 56 bzw. 64 S. Bekannt ist auch eine spezielle Ausgabe von 1915 gedruckt von der Etappendruckerei der 2. Armee "mit Genehmigung des Chefs des Flugwesens" (Bild M. Plietzsch).
- Flugzeugkompasswesen und Flugsteuerkunde, Band 13, Werner Immler, C. J. E. Volckmann Nachf. G. M. B. H., 1918 - 141 S.
- Navigation und Seemannschaft im Seeflugzeug, von T. E. Sönnichsen, 1918, 169 S. (Carl Bamberg Kompass)
- Die Luftfahrt-Navigation, von T. E. Sönnichsen, 1940, 195 S. (Verlag Mittler & Sohn; Berlin)                      Siehe Bild rechts

Englisch:
- The Magnetic Compass in Aircraft: 'Notes on Aero-compasses and their adjustment' (Air publ. 157, London 1918); 'Remarks on compasses in aircraft' by F. Creagh-Osborne (Air Publication 802, London Nov. 1920)

Französisch:
- Cours élémentaire de compensation et d'emploi, Capitaine Robert Gaujour, 1. Ausg. 1936


GESCHICHTE
HISTOIRE de la BOUSSOLE (Pierre JUHEL, éd. Quæ, 2013. Französisch)
Geschichte der großen Forschungsreisen und der verwendeten Kompasse sowie der Entwicklung von Kompassen, die in Metallschiffen funktionieren konnten.


U-BOOTE
Kompassnadel-Steuerung für Modell-U-Boote: Ausführliche Beschreibung eines wiederentdeckten Systems (Mechanik und Elektrik) im Eintrag über U-BOOTE, Autoren: H. Huhn & H. Kistenich (ISBN: 978-3-8391-9617-5), Verlag Books on Demand GmbH, Norderstedt, 2011, 63 S., 15 Fotos und zwei Schaltpläne.


ROMANE & FIKTION

- Der Goldene Kompass
Roman: Erster Band der Trilogie Der Goldene Kompass (Originaltitel: His Dark Materials, 1995) von Philip Pullmann. Darin spielt ein Alethiometer genanntes Instrument eine zentrale Rolle (Beschreibung: siehe Wikipedia). Die Idee stammt möglicherweise vom esoterischen Kompass, der in der Feng-Shui-Lehre verwendet wird. Der Name setzt sich zusammen aus den griechischen Begriffen αλήθεια / aletheia = Wahrheit und μέτρο / metro = Messung und bedeutet sinngemäß Wahrheitsfinder. Mit diesem Instrument kämpft die junge Freidenkerin (Atheistin) Lyra gegen die Kirche, die das Böse darstellt. Lektüre: die Rede der kinderlieben Königin der Hexen Ruta Skadi (Bd. II, S. 50 der Originalausgabe).

Anm: Es gibt im Handel Replikas des im Film gezeigten Instrumentes aber auch elektronische Spiele mit quadratischem Display!

Fünf Freunde verfolgen die Strandräuber (Enid Blyton, 1961, Originaltitel Five Go Down To The Sea, 1953)
Ein Abenteur der fünf Freunde, in dem ein kleiner Taschenkompass eine wichtige Rolle spielt.

Der verschwundene Schiffskompass (Günter Görlich, 1968)
DDR-Kinderliteratur, Kriminalroman: zwei Kinder auf der Suche nach dem gestohlenen Kompass eines fiktiven Schiffes, das die aufständischen  Matrosen in Kiel am 4. Nov. 1918 "erobert" worden war. 

Pirates of the Carribean / Fluch der Karibik
Der magische Kompass (Fotos HIER) von Captain JACK SPARROW ist von seiner Funktion her der gleiche wie in der folgenden Bildergeschichte von Walt Disney:
Der Kompass des großen Khan

Ein Abenteuer von Micky Maus und Goofy, die ein kompassähnliches Instrument finden, das es seinem Besitzer ermöglicht, sich an jeden beliebigen gewünschten Ort und Zeitpunkt augenblicklich "beamen" zu lassen. Deutsche Übersetzung der 1968 in Italien kreierten Geschichte (Topolino e la bussola del Khan, Mickey Maus heißt auf Italienisch Topolino). Wir kennen nur eine deutsche Übersetzung. Laut Mickeymaus-Club gibt es keine englische Version.

Foto rechts: Goofy und Mickey mit dem Kompass (zum Vergrößern, Bild anklicken)
Auf dem Deckblatt der neuen Ausgabe wird ein Kompass mit Deckel gezeigt abweichend von der Originalversion.


La boussole d'ivoire (Link zur 1. S. / Der Elfenbeinkompass)
Französische Bildergeschichte aus der Serie Les histoires en images (Nr. 185 vom 18.9.1924, 4 S., 19 x 29,5 cm) über die Rettung eines jungen Matrosen nach dem Untergang seines Schiffes dank des Kompasses seines verstorbenen Vaters (Kopie 10 €; s. die Museums-Boutique).

S. a. die Kurzgeschichten auf den Schachteln von Frühstücksgetreide (u.a.) als Werbung für einen Fingerring mit Kompass.

La boussole merveilleuse (Der Wunderkompass, Olivier de Traynel, Pseudonym von Jean de Neltray, Boivin & Cie Ed., ca. 1920-1930)
Französischer Abenteueroman, in dem ein Kompass genannter Metalldetektor die zentrale Rolle spielt: das Gerät klingelt in der Nähe von Gold und die Nadel zeigt die Lage des Schatzes...
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