1
-
Geschichte
der Entwicklung des Kompasses
2
- Fachliteratur


Foto
links: Magneteisenserz
(zum
Vergrößern, Bilder anklicken)
Es
bildet
würfelförmige Kristalle mit der chemischen Formel
Fe3O4. Das
ist
der Stein, mit dem alles anfing. Analog zur Bibel kann man auch hier
behaupten: „
am Anfang
war...
der Magnetit.“ Dank
seiner Eigenschaft, Metallstäbe magnetisieren zu
können,
konnte die Welt jenseits des Horizonts erforscht und entdeckt werden.
Dadurch konnten
die
Seeleute ihren Weg zurückfinden konnten, wenn die
Sterne und die Sonne von Wolken verdeckt waren. Jahrhundertelang
mussten die Kompassnadeln mithilfe großer eingefasster
Kristalle
remagnetisiert werden
(Foto
rechts. Magnetkristall in Silber eingefasst, 19. Jh., Musée
de la Marine, Paris).
Die Magnetnadel zeigt aber nicht nach Norden: sie richtet sich nach
den magnetischen
Kräftelinien zwischen dem Nord- und dem Südpol der
Erde
aus.
Die Entwicklung
des Instrumentes
Wir benutzen hier den Begriff ERFINDUNG absichtlich nicht, da es
sich hierbei um eine Entwicklung in mehreren
Schritten
gehandelt hat. Wir schließen uns A. Schück
an, der in
seinem
Standardwerk
Der Kompass
(s. u. Bibliographie) einen schwedischen Autoren zitierte und
vermutlich auch die
englische Fassung dessen Werkes ins Deutsche übersetzte und
ergänzte:
(
Zitatanfang):
Von einer Erfindung des Kompasses kann genau genommen keine Rede sein,
sondern von der Erkenntnis und Benutzung einer Kraft, die zur
Herstellung von Vorgängern des Kompasses führte. A.
E. Nordenskiöld kennzeichnet dies auf das Treffendste in
Periplus
(ins Englische übersetzt von Francis A. Bather,
Stockholm, 1897) VI. Portolano's S. 47 u. ff. :
"Es sind vier Stufen zu unterscheiden:
1. Die Entdeckung eines Gesteins mit polar-magnetischer Eigenschaft,
d.h. mit der Kraft Eisen anzuziehen. Von diesem Gestein gibt
es nur eine Art in größeren Mengen auf der
Oberfläche der Erde: Magnetstein oder Magnetit.
2. Die Entdeckung, dass Stahl oder gehärtetes Eisen
polar-magnetisch gemacht werden kann, indem man es mit Magnetstein
bestreicht.
3. Die Entdeckung, dass der Magnet oder das magnetisierte
Eisen - sobald es derart gestützt oder aufgehängt
ist, um sich frei bewegen zu können -, die Eigenschaft
besitzt, eine bestimmte Richtung anzugeben, indem es stets einen
bestimmten Winkel mit der Nord-Südlinie bildet.
4. Die Erkenntnis, die magnetisierte Eisennadel als Richtungsmittel
anzuwenden."
(
Zitatende)
Das
Phänomen des Magnetismus war bereits sowohl in Europa
als
auch in der
fernöstlichen Antike
bekannt.
- Plinius d. Ä. (23-70 nach J.C.) zitiert Nikandros aus
Kolophon, welcher berichtet, dass ein
Magnes
genannter Hirte auf
dem Berg Ida feststellte, dass die Nägel seiner Schuhe
und die eiserne Spitze seines
Hirtenstabs von den Felsen angezogen wurden (...
magnes appellatus est ab
inventore, ut auctor est Nicander in Ida repertus invenisse autem fertur
clavis
crepidarum, baculi cuspide haerentibus, cum armenta pasceret).
Lukrez (98-55 vor J.C.) schrieb auch, dass dieses
Gestein neben der Stadt Magnesia
abgebaut wurde. Die Frage ist, ob die Stadt nach dem Gestein oder das
Gestein nach der Stadt benannt wurde...
- Es wird auch vom Mittelmeer
bis zum indischen Ozean in verschiedenen
Sagen
von einer Insel berichtet, an der die Schiffe nur mit großem
Abstand vorbeisegeln durften, da ansonsten die Metallnägel aus
den Planken herausgerissen würden.
ABERGLAUBE:
Die geheimnisvolle Wirkung des Magnetismus, die sich in Anziehung oder
Abstoßung zeigt, förderte im Mittelalter auch
manchen Aberglauben. Man verwendete Magnetit zur Prüfung der
Treue einer Frau und legte ihn ohne ihr Wissen unter das gemeinsame
Bett.
Rückte die Geprüfte eng an ihren Ehemann und schlief
an seiner Seite ein, war ihre Treue bewiesen. Im gegenteiligen Fall
wurde die „untreue“ Ehefrau von der geheimnisvollen
Kraft des Steines aus dem Bett geworfen (zitiert nach Joachim
Müller-Bremberger).
Es ist allgemein anerkannt, dass die
Entdeckung der
Eigenschaft dieses Gesteins, seine
Polarität auf ein Stück Metall übertragen zu
können und mit diesem eine Himmelsrichtung zu
zeigen, zuerst in China gemacht wurde (genaue Angaben zu den
chinesischen Quellen: s. J. Klaproth, bzw. deutsche
Übersetzung in Wittstein und A. Schück). Es hat im
alten
China
(angeblich sogar lange vor unserer Zeitrechnung)
ein magnetisches
Instrument gegeben: es handelte sich um eine Art viereckigen Teller
(die Erde
darstellend) mit einem löffelförmigen Zeiger aus
Magnetit ("Nord-Löffel" den Großen Bären
bzw.
Big
Dipper auf Engl.
darstellend).
Dieses
Gerät wurde
für die
Wahrsagung und die Geomantie verwendet (Abb.: siehe WIKIPEDIA / Kompass
- s.a.
Religion
/
Chinesische Tradition
und Feng Shui).

Ein anderes in der chinesischen Literatur erwähntes
Gerät wurde meistens mit dem magnetischen Kompass in
Verbindung gebracht. Laut
Wikipedia
(Kompasswagen)
handelt
es sich jedoch um eine rein mechanische Vorrichtung ohne magnetische
Bestandteile. Es ist jedoch durchaus denkbar, dass nach dem selben
Prinzipien wie dem o.g. Löffel, ein längliches Teil
im
Ärmel versteckt war, dünn im Arm und dick im
Körper um
im Gleichgewicht zu bleiben.
(Abb. links:
südweisende Wagen. Bild
links stammt aus der chines. Enzyklopädie San thsaï thou
hoei
(1609) und Bild rechts aus der großen japanischen
Enzyklopädie, Band XXXIII - Zum Vergrößern,
Bild
anklicken).
(Abb. r.:
aus "Die Wunder der Welt, Marco Polo, 1307, Bibl. Nat. Paris)
Etwa um die 1. Jahrtausendwende wurde in der chinesischen
Schiffahrt ein Kompass
verwendet, bei dem ein magnetisiertes
Metallstäbchen auf einem Schwimmer in einer
mit Wasser gefüllten Schüssel schwamm. Diese
Kenntnis könnte im indischen Ozean an die arabischen Seeleute
weitergegeben worden sein.
Diese wiederum hätten diese Kunst den christlichen Seeleuten
im
Mittelmeer beigebracht. Diese Chronologie ist umstritten, da sie
nicht durch schriftliche
Texte eindeutig
belegt ist. Die
ersten Erwähnungen von Schiffskompassen in persischen oder
arabischen Texten stammen aus dem frühen 14. Jh., d.h. erst
nach
der ältesten französischen Erwähnung durch
Hugue de Bercy / Guyot de Provins (s.u.), aber sie wäre
aufgrund der
geographischen
Gegebenheiten und der damaligen Kriegs- und Handelskontakte
logisch. Es
wurde auch nachgewiesen
(nachzulesen
in
Two Early Arabic Sources on the
Magnetic
Compass von P. G. Schmidl, 52 S., Kopie kann
bestellt werden), dass
die Araber den Kompass spätestens
im 13. Jh. für
die Ermittlung der
Qibla
verwendeten.
Andererseits hat E. von Lippmann (
s.
u. Bibliographie)
überzeugend dargelegt, dass die
skandinavischen Seeleute, die bis Island und im Mittelmeer bis Sizilien
segelten, möglicherweise gegen Anfang des 2. Jahrtausends
diese
Fertigkeit beherrscht haben müssen (
Zusammenfassung:
hier klicken),
obwohl dafür endgültige schriftliche
Beweise fehlen.
Das Gerät bzw. die Magnetnadel wurde in den
romanischen Sprachen rund um das Mittelmeer oft
calamita
(Ried, Schilf) genannt, aber nicht weil es einem Frosch
ähnelte,
wie viele Autoren behauptet haben (der Begriff existiert immer noch
im lateinischen Namen der
bufo
calamita
genannten Kröte d.h.
crapaud
des joncs auf
Französisch, wortwörtlich
"Schilfkröte"), sondern weil die magnetisierte Nadel in ein
stück Schilf hineingesteckt wurde, damit es auf dem Wasser in
einer Schale schwimmt: ein
kalam
(griech.) war ein Schreibutensil aus Schilf. Eine andere alte
französische
Bezeichnung (
s. Marinette
in Guyots Gedicht) rührt vermutlich daher, dass diese
"Maschine", die treueste Freundin der Seeleute (
marins)
war.
Bild
rechts: pseudo-historische Darstellung der großen
Entdeckungsreisen (Beigabe in Kaffeepackung): Der Text lautet:
"1490. Der Kompass wurde kürzlich entdeckt... "
Der früher auch in Österreich geläufige
Begriff
Bussole
(siehe u.a.
Goerz'
Richtbussole
und
Bézards
Orientierungsbussole) stammt aus dem griech. Wort
pixis,
das ins Italienische zu
bussola
wurde. Eine Theorie
besagt auch, das das Wort
nicht aus dem italienischen
bussolo
(Buchsbaumschachtel), sondern aus dem Arabischen
el-mouasaléh (Spitze,
Stachel) stammen könnte. Die Lautverschiebung M zu B sei in
mehreren arabischen
Dialekten (Klaproth, S. 29) sowie in unseren westlichen Sprachen
(Giaco
mo
- Jako
b)
belegt. Der Begriff Kompass hingegen wurde
sehr wohl dem
Italienischen (
il
compasso : der Zirkel zum
Zeichnen der Rose)
entnommen und hat sich in den meisten Sprachen etabliert. Damit wurde
allerdings die modernisierte Form des Schiffskompasses bezeichnet.
Diese rudimentäre
ursprüngliche Technologie wurde im Mittelmeer
weiterentwickelt. Eine bahnbrechende technische Neuerung soll im
frühen 14. Jh.
eingetreten sein (s. Legende von Flavio di Gioia). Die
arabischen
Seeleute jedoch benutzten das
ursprüngliche System
noch lange, wie die portugiesischen Seefahrer später
berichteten, nachdem sie diesen Teil der Weltozeane erreicht hatten.
Vermutlich betrachteten sie den Kompass in seiner
ursprünglichen Form als einen bloßen Gadget, der
ihnen
nichts brachte, da sie bereits dank ihrer hervorragenden Kenntnisse in
der
astronomie und der Mathematik sehr präzise mithilfe
der
Sterne navigieren und sich auf einen ewig klaren Himmel verlassen
konnten.
Die
peinliche Legende von FLAVIO DI GIOIA:

Seit
über 400 J. wird die Erfindung der rotierenden
Kompassrose
einem
gewissen Flavio di Gioia aus Amalfi zugeschrieben (s.
a.
VERSCHIEDENES / Himmelsrichtungen), aber eindeutige Belege
dafür
gibt es nicht. Nur die Stadt Amalfi war für ihre Flotte und
ihre
maritimen Verbindungen zu den östlichen Küsten des
Mitttelmeers berühmt. Der Name des Erfinders steht
in
keinem frühen Dokument. Mehrere Quellen aus dem 14.
und 15. Jh
erwähnen zwar die Erfindung als großen Fortschritt,
aber ein
Name taucht nie auf. Nur von einem gewissen Flavius (Blondus)
ist
die Rede, der über die Erfindung des Kompasses in Amalfi
berichtete. Erst gegen Ende des 16. Jh.
schreibt plötzlich der napoletanische
Geschichtschreiber
Scipio Mazzella (in
Descrittione
del regno di Napoli, Napoli
1588, 2.
Ausg. 1601, S. 65) ein gewisser "Flavio di Gioia aus Amalfi"
habe 300 J. vorher "la bussola della calamita con la carte di
navigare" (dose für Magnetnadel mit schwimmender Windrose)
erfunden
(Schück, Bd. II, S. 12/13). Auch W. Gilbert schreibt (
De Magnete,
London 1600) "Im Königreich Neapel sollen zuerst die
Melfitaner
den Kompass in Gebrauch zu nehmen gezeigt haben, wie Flavius Blondus
für die Melfitaner nicht genug zu rühmen
erwähnt, von
einem gewissen gelehrten Bürger Johannnes Goia im J. n. Chr.
1300."
Ebenso formulierte es Guillaume de Nautonnier (in
La
mécométrie de Leyman,
Toulouse T. 1,
1603, S. 8) : "Cet instrument
dont on avait oublié l'usage a été
réinventé par un habitant d'Amalfi du
nom
de Gioia comme le rapporte Flavius" (Wie Flavius berichtet,
wurde dieses in Vergessenheit geratene (!?) Instrument durch den
Amalfitaner Gioia wieder erfunden).
(Anm.:
Die
folgenden
Absätze sind dem Aufsatz The Medieval Technology Pages
von
Paul J. Gans teilw.
entnommen bzw.
übersetzt und kommentiert).
"Es gibt in einem Manuskript aus dem Jahr 83 unserer Zeitrechnung einen
Hinweis auf eine löffelförmige Vorrichtung zur
Anzeige der
Südrichtung (
siehe
Bild in WIKIPEDIA /
Kompass). In einem anderen Dokument
aus der
selben Epoche wird erwähnt, dass die Jadesammler
von Cheng ein als "
südweisenden
Wagen" bezeichnetes
Hilfsmittel verwendeten, um ihrem Weg
in der Wildnis zu finden [Gies, S. 94
- siehe. Quellenangaben weiter unten]. Es handelte sich jedoch
höchstwahrscheinlich nur um eine kleine drehend gelagerte
Figur
mit einem Magnetstab im Arm, die dem Wagenlenker eine Himmelsrichtung
zeigte.
Richtungsweisende Magnetnadeln werden auf jeden Fall in China im 8.
Jahrhundert nachgewiesen. Zwischen ca. 850 und 1050 scheinen sie zu
unabdingbaren Navigationsinstrumenten an Bord von Schiffen geworden
zu sein. [Gies, S. 94]
Ein anderer Autor jedoch zitiert jüngere Quellen,
nämlich 1089-93 und 1116 für deren
Verwendung in der
Geomantie / Wahrsagung bzw. 1119 und 1122 für den
Einsatz als
Marinekompasse. [White, S. 132]

In
Westeuropa hingegen tauchen die ersten Beschreibungen von
Kompassen bereits vor Ende des 12 Jh. auf. Die allererste
Beschreibung stammt aus der Feder eines Mönchs und
Dichters,
der viel gereist war, u.a. am
Hofe des Kaisers Friedrichs in Mainz. Sein Name war
Hugue de
Bercy bzw.
Guyot
de Provins.
Guyot
war die
Verkleinerungsform von Hugue. Der Name der südöstlich
von
Paris
gelegenen Stadt aus der er stammte
(Provins),
war
angehängt. Dieser
La
Bible genannte
Text aus den Jahren 1180-1886 ist in ein
Spottgedicht in 2700 Versen. Er
wirft darin u.a. dem Papst vor, für die
Christen nicht das zu sein, was der Kompass für
die Seeleute ist (online abrufbare
Transkription der
französischen Urfassung, S. 41-43, deutsche
Übersetzung hier:
Der
Kompass, A. Schück, Bd. II, S.
26-27,
Bild
rechts: Originalext
(Quelle: Gallica).
Er
schreibt darin, dass die französischen Seeleute eine Nadel
verwenden, die durch die
Berührung mit einem
amanière
(von aimant - anziehend) genannten Stein "angezündet"
wird und im Mittelmeerraum auch
calamite
genannt wird. Es wurde oft in
Anlehnung auf den gleichnamigen
Schilffrosch (Lat.
bufo
calamita)
gedeutet, dass die Nadel auf dem Schwimmer einem Frosch
ähnelt,
aber wie H. de Saussure (und auch H. Lippman) nachgewiesen hat, geht
die Bezeichnung auf das
griechische Wort kalamos
(Schilf)
zurück.
Die nächste schriftliche Erwähnung stammt vom
Engländer Alexander Neckam (
De
naturis rerum, Von
der Beschaffenheit der Sachen). Er lebte zeitweise in Paris,
wo er
dieses Werk gegen 1190 verfasste. Zu dieser Zeit war die sogenannte
Guyotsche Paptskritik sehr berühmt. Neckham war allerdings der
Kirche gegenüber nicht kritisch eingestellt (er war
Mitglied eines Ordens). Neckhams Buch wurde daher gegen Ende
des
Jahrhunderts
weit verbreitet.
FAZIT
Das Fehlen einer schriftlichen Erwähnung durch Autoren, die
meistens keine Seeleute waren, ist jedoch noch lange kein Beweis
für
die Nichtexistenz eines Instrumentes, zumal sich sein Besitzer bzw.
Benutzer
durch Geheimhaltung einen kommerziellen Vorteil gegenüber der
Konkurrenz sichern konnte, die auf die Sternebeobachtung bei
schönem Wetter
angewiesen war. Man kann also davon ausgehen, dass das Instrument schon
etliche Jahre im
Einsatz war, bevor diese Autoren es notierten.
Die Tatsache, dass Hugue de Bercy/Guyot
de Provins (s. u. Bibliographie) den Vergleich mit dem Kompass
benutzte, um
seine Kritik am Papst zu bekräftigen,
beweist
eindeutig,
dass das Gerät an sich bereits seit längerer Zeit
bekannt
gewesen sein muss, da der Leser ansonsten den Vergleich nicht
verstanden hätte. Bei der damaligen Geschwindigkeit der
Weitergabe
der Informationen, kann ein Zeitraum von 50 bis 80 Jahren mehr als
plausibel angesetzt werden (siehe Arc Frodes Bericht
weiter unten).
Bild
rechts: "Der
Kompassmacher"
Einige
Meilensteine in der
Entwicklung des Kompasses in der westlichen Welt
- Im 6. Jh. vor Chr. vermutet Thales von Milet, dass der Magnetstein
eine Seele hat, die verwandte Seelen (Eisen) anzieht.
- Mitte des XI. Jh. berichtet
der isländische Historiker Arc Frode
(1027-1148) in seiner Chronik über die Besiedlung Islands
Landnamabok,
dass die nordischen
Seeleute damals (d.h. gegen 838) das Instrument noch nicht kannten, das
die Schiffsführer im
Mittelmeer verwendeten und das
er
Leiderstein
(leitender
Stein) nennt.
- 1180-1186: Hugue de Bercy/Guyot de Provins beschreibt den
Schiffskompass (s.o.).
- 1218
betrachtet der Historiker der Kreuzzüge Jacques de Vitry
(1170-1240) den
Kompass
als unumgänglich für die Navigation auf
See.
- 1225 wurde er auch in Island
verwendet.
[White, S. 132]
-
1269: Pierre Pèlerin de Méricourt
(Peregrinus) schreibt (Originaltext auf Lateinisch): " [der
Kompass]
ist
das Instrument,
mittels
dessen, du deinen Weg zu den Städten und Inseln
lenken kannst.
"
- 1302/1303: (teilw. erfundene Legende) ein gewisser Flavio di
Gioia aus Pasitano
(nahe Amalfi im damaligen
Königreich Neapel) platziert die Magnetnadel
mittig auf eine Drehspitze und erfindet vielleicht auch die
rotierende Kompassrose.
- 1492: Kolumbus stellt eine Abweichung zwischen dem geographischen
Nordpol (Polarstern) und dem magnetischen Pol (
Deklination
oder
Missweisung) fest, als er sich circa 200 Seemeilen westlich
der kanarischen Insel El Hierro befindet.
- XVI. Jh.: Der nürnberger Priest Georg Hartmann untersucht
das Phänomen der Deklination und vermutet als erster
die Existenz der
Inklination.
Die ersten genauen Messungen der Deklination werden 1541 in Paris bzw.
1580 in London durchgeführt.
- 1576: Der englische Hersteller von nautischen Instrumenten Robert
Normann beschreibt das Phänomen der Inklination.
- XVII. Jh.: Der portugiesische Priester Burrus (aus Lissabon)
überträgt die örtlich gemessenen
Abweichungen der Deklination auf eine
Weltkugel und verbindet diese Punkte mit Linien,
die man heute
Isogonen
nennt. Der englische Astronom Halley (1656-1742) perfektioniert
sie 1700 während einer Weltreise, bei
der die genaue Lage der britischen Kolonien ermittelt werden soll.
2
- FACHLITERATUR
(eine kleine
Auswahl)

(S.a.
Kompass
/
Unterrichtsmittel)
Wenn die Chinesen die ersten Erfinder bzw. Anwender des Kompasses
waren, so waren es europäische Forscher, die den Magnetismus
wissenschaftlich untersuchten. Die wichtigsten Meilensteine wurden von
den folgenden drei Autoren gesetzt. Die beste Zusammenfassung und
kritische Betrachtung ihrer jeweiligen Arbeiten hat
Prof. RÖLLER
in seinem Werk
Magnetismus
(s.w.u.)
veröffentlicht.
-
The
newe
Attractive (1581), Robert
Norman,
der die Inklination studierte.
-
De
Magnete, Magneticisque Corporibus, et de Magno
Magnete Tellure (
On
the Magnet
and Magnetic Bodies, and on That Great Magnet the Earth,
1600),
Guiliemi Gilberti /
William Gilbert, Physiker
am Hof der Königin Elizabeth. Englische Übersetzung
online
auf der Website GUTENBERG PROJECT.
-
Magnes,
ars magnetica
(Magnetische Kunst, 1631), Athanasius Kircher,
Weitere
Werke
-
Lettre
à M. le Baron A. von Humboldt
(1834) von Julius
Klaproth, einem deutschen Sinologen, der die alten
chinesischen Quellen
studierte
(fast vollständiger*, online abrufbarer
französischer
Originaltext. Eine deutsche
Übersetzung mit
Kommentaren wurde von Dr. Arnim Wittstein 1885
erstellt (
pdf-Kopie
verfügbar, Bild o. r.).
Eine englische
Übersetzung der ersten Seiten ist auch bei Google
Books abrufbar:
The American Journal of Science and
Art, Bd. 40. S. 242).
S.a. ein anderer Auszug
HIER.
* Anm.: Leider hat Google
die drei großformatigen Tafeln nicht miteingescannt. Wir
würden uns sehr freuen, Ihnen Fotos davon zu
schicken, sollten Sie vorher für unsere Mühe via
Paypal eine
kl. Spende leisten.
-
The
rose of the winds: the origin and development of the compass card
von Silvanus P. Thomson (Proceedings of the British Academy, London
1913, 31 S. und 6 Farbtafeln).
-
L'origine
de la rose
des vents et l'invention de la boussole
von Leopold de
Saussure (Marineoffizier a.D.) : Kritik und Ergänzung des o.g.
Briefs von J. Klaproth an A. v. Humboldt (Genf 1923, 64 S.,
französisch)
-
Cathedral, Forge, and
Waterwheel von Frances
and Joseph Gies, 2.
Titel: "
Technology
and Invention
in the Middle Ages".
HarperPerennial, 1995, ISBN 0-06-016590-1
-
Medieval Technology and
Social
Change von Lynn White,
Jr.s, Oxford, 1962. ISBN
0-19-500266-0

-
La
Boussole (1895, Lausanne, s.
Bild links). Sehr interessantes, für den Unterricht
konzipiertes Buch, das angeblich von einer gewissen
Mme de C***
verfasst wurde. Es ist insofern eigenartig, weil die Kirche darin als
Institution frontal angegriffen wird. Zweck aller Religionen sei es,
die Verbreitung der Wissenschaft zu unterdrücken, um
die ungebildeten Massen mit Lügen und Tricks im Aberglaube
halten zu können. Es ist ein
hervorragendes Zeugnis des Kampfes der damaligen
französischen Regierungen (spätes 19. Jh.)
gegen den Einfluss der katholischen Kirche u.a. in den
Konfessionsschulen.
-
Steady
as She Goes
(1986) A. E. FANNING
:
The History of the Compass Department of the (British)
Admiralty.
- Der deutsche Offizier der Handelsmarine
A. Schück
hat drei Werke über den Kompass geschrieben. Das erste
heißt
Alte
Schiffskompasse und Kompassteile im Besitz Hamburger Staatsanstalten
(1910). Es ist ein kleinformatiges (... x ... mm) softcover
Büchlein von 47 S. und 11 Tafeln. Letztere sind lose
Blätter, die in einer inneren Tasche verwahrt werden (s. sein
Hauptwerk in folg. Abs.).
-
Der Kompass an Bord
(1906)

Das Buch
Der
Kompass an Bord
(2. Ausg. 1906) wurde von der Deutschen Seewarte (im
späten 19. und frühen 20. Jhdt. eine Anstalt
der
Admiralität der Kaiserlichen Marine) veröffentlicht. Ihrer II.
Abteilung (Instrumentenprüfung) oblag die
Prüfung von Kompassen (u.a. Instrumenten) und entsprach somit
dem Superintendent of Compasses der britischen
Admiralty
of the Royal Navy. Nachfolger ist das heutige Bundesamt für
Seeschiffahrt und Hydrographie, BSH. Es enthält neben den Berechnungen
für
den Einbau von Kompassen in metallischen Schiffen eine
ausführliche
Beschreibung der damals üblichen Kompassysteme, stark
angelehnt an den Eintrag
Kompass
in MEYER's Konversationslexikon:
-
Thomson
(Lord Kelvin)
-
Hechelmanns
Variante der Thomson'schen
Seidenfädenrose
-
Bambergs
Fluidkompass
Drei Bücher tragen im Deutschen den selben
Titel:
-
Der
Kompass, A.
Schück
(1911/1915,
s. Foto
rechts).
Dies ist das Standardwerk über vorwiegend Schiffskompasse (
beschrieben wird auch der
damals junge Bézard-Kompass!).
Diese großformatigen Bände (37 x 30 cm, 79 Tafeln)
enthalten
eine sehr umfangreiche Sammlung an Abbildungen von
Kompassrosen
aus allen Ländern der Welt und Epochen. Es
werden zahlreiche
und
sehr präzise Quellen über die Entwicklung der
Kompasssysteme zitiert. Ein kleinformatiger Reprint (nur
¾ der
Originalgröße) ist zwar erhältlich,
aber leider wurde das Original mit
sehr niedriger Auflösung eingescannt und das Ergebnis ist
entsprechend unscharf und dunkel (
Link:
Vergleich
zweier Ansichten einer Tafel).
-
Der
Kompass (Originaltitel
The
riddle of the compass)
Amir D.
ACZEL (2001): Sehr gute Geschichte der Kompass-Entwicklung. Der
Autor
räumt auch nebenbei grandios mit der frei
erfundenen Legende
des
Flavio di
Gioia auf (s.w.o.)
-
Der
Kompass (Originaltitel
Compass)
A. Gurney, 2010:
Hervorragende
Beschreibung der Geschichte der Entwicklung des
Schiffskompasses.
-
MAGNETISMUS,
Eine Geschichte der Orientierung von Nils Röller, 2010 - Eine
hervorragende Zusammenfassung der wesentlichen Werke über die
wissenschaftliche Untersuchung des Magnetismus nach der Renaissance
(s.a.
ausführl. Rezension auf der Website
Literaturkritik).
-
Kartenkunde,
Kompass,
Ernst
Ensperger (1935/36, 52 S.). Beilage zum Jahresbericht des Wittelsbacher
Gymnasiums in München. Zeichnungen von Schülern
angefertigt. Dargestellte Kompasse:
Bézard
und Busch. Die Einleitung ist
ein typisches Beispiel für die
damalige Einstellung zu den
politischen
Aufgaben von Jugendorganisationen.
Feldkunde,
Handbuch für
Soldaten und Wanderer (von Jahn, Hauptmann im Reichswehrministerium,
1933)
Kartenlesen
(1), Die Ein - und
Vierzentimeterkarte, Geländesportbücherei von Andreas
Staub,
1935?
Kartenlesen
(2), von
Hans-Joachim Löschebrand-Horn (1934). Kap. 12 erwähnt
den
Bézardkompass (LUFFT) und den Marschkompass (Busch).

Großbritannien
- Marschkompasse
Beschreibung von Kompassen der Fa.
Steward
in
Military
Sketching Map Reading and Reconnaissance
(1911) bzw. des Standardkompasses
Mark
III in
Manual
of Map Reading Air Photo Reading and Field Sketching
(1955 - Bilder rechts für Beispielsseiten anklicken).
-
Geschichte der Magnetnadel
bis zur
Erfindung des Kompasses,
Edmund O. von Lippmann (1932, 49 S.). Darin berichtigt der Autor einige
Ungereimtheiten der bisherigen Forschung (
calamita
kommt vom Griechischen
kalamos
= Schilf und bezeichnet
keineswegs einen Frosch) und versucht insbes. Die
These der Erfindung des Schiffskompasses in China (
Zusammenfassung:
hier klicken) zu widerlegen, um
die Überlegenheit der sogenannten "nordischen
Rasse" zu beweisen. Diese Studie ging (ebenso wie
Schücks
Werk) vermutlich auf Grund der politischen Ereignisse in Deutschland
und
im Ausland völlig unter: Hitlers Machtergreifung fand
bekanntlich im darauf folgenden Jahr statt. Der Autor zitiert die
beiden
Studien der Herren L. de Saussure und S. P. Thomson nicht.
-
SUR L'AIMANT - Band aus der
Serie
La
science
populaire de CLAUDIUS
(Pseudonym von Charles-Claude Ruelle, 1840, 116 S., französ.,
7,5
x 1,5 cm). Kurs über die Eigenschaften
des Magnets. Das Kapitel über die Geschichte des Kompasses ist
eine Zusammenfassung des Briefs an A. von Humboldt (s. weiter oben).
Allgemeine
und spezielle
Gebrauchsanweisungen
Die Gebrauchsanweisungen zu bestimmten Instrumenten werden in den
relevanten Artikeln erwähnt und ggf. zusätzl. in der
Boutique
beschrieben und angeboten.
-
Orientieren
im
Gelände OHNE KOMPASS
Beiheft zu einem Unterrichtsfilm (DDR, Deutsches Zentralinstitut
für Lehrmittel,
Verlag Volk und Wissen). Mehr zu diesem Buch im Artikel
Orientieren.
LUFTFAHRT
(Für
Werke in anderen Sprachen:
siehe auch die ausführlichen Listen in den jeweiligen
Sprachversionen
des Museums)
-
Der
Flugzeugkompass
und
seine Handhabung,
Kapitän Fritz Gansberg, Ausg. 1
(1915) und 2 (1917) bei Verlag von M. Krayn, Berlin W.,
jeweils
56 bzw. 64 S. Bekannt ist auch eine spezielle Ausgabe von 1915
gedruckt von der
Etappendruckerei
der
2. Armee "mit Genehmigung des
Chefs des Flugwesens" (Bild M.
Plietzsch).
-
Flugzeugkompasswesen
und
Flugsteuerkunde, Band 13,
Werner Immler, C.
J. E. Volckmann Nachf. G. M. B. H., 1918 - 141 S.
-
Navigation
und Seemannschaft im Seeflugzeug,
von T. E. Sönnichsen, 1918,
169 S. (Carl Bamberg Kompass)
Englisch:
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The
Magnetic Compass
in Aircraft: 'Notes
on Aero-compasses and their
adjustment' (Air publ. 157, London 1918); 'Remarks on compasses in
aircraft' by F. Creagh-Osborne (Air Publication 802, London Nov. 1920)
Französisch:
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Cours
élémentaire de compensation et d'emploi,
Capitaine Robert Gaujour,
1.
Ausg. 1936
GESCHICHTE
HISTOIRE
de la BOUSSOLE
(Pierre JUHEL, éd. Quæ,
2013. Französisch)
Geschichte der großen Forschungsreisen und der verwendeten
Kompasse sowie der Entwicklung von Kompassen, die in Metallschiffen
funktionieren konnten.
U-BOOTE
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Kompassnadel-Steuerung
für Modell-U-Boote:
Ausführliche
Beschreibung eines wiederentdeckten Systems (Mechanik und Elektrik) im
Eintrag über
U-BOOTE,
Autoren: H. Huhn &
H. Kistenich (ISBN:
978-3-8391-9617-5), Verlag Books on Demand GmbH, Norderstedt, 2011, 63
S., 15 Fotos und zwei Schaltpläne.
ROMANE
& FIKTION
- Der Goldene Kompass
Roman:

Erster
Band der Trilogie
Der
Goldene
Kompass
(Originaltitel: His
Dark Materials, 1995) von
Philip
Pullmann. Darin spielt ein
Alethiometer
genanntes Instrument eine zentrale Rolle (Beschreibung: siehe
Wikipedia). Die Idee
stammt möglicherweise vom esoterischen Kompass, der
in
der
Feng-Shui-Lehre
verwendet wird. Der Name setzt sich zusammen
aus den griechischen Begriffen
αλήθεια
/ aletheia
= Wahrheit und
μέτρο
/ metro
= Messung und bedeutet sinngemäß Wahrheitsfinder
.
Mit diesem Instrument kämpft
die junge Freidenkerin (Atheistin) Lyra gegen die Kirche, die das
Böse
darstellt. Lektüre: die
Rede
der kinderlieben Königin der Hexen Ruta Skadi
(Bd. II, S. 50
der Originalausgabe).
Anm: Es gibt im Handel Replikas des im Film gezeigten
Instrumentes aber auch
elektronische
Spiele mit quadratischem Display!
Fünf
Freunde verfolgen die
Strandräuber (Enid
Blyton, 1961, Originaltitel
Five
Go
Down To The Sea,
1953)
Ein Abenteur der fünf Freunde, in dem ein kleiner
Taschenkompass
eine wichtige Rolle spielt.
Der
verschwundene Schiffskompass
(Günter Görlich, 1968)
DDR-Kinderliteratur, Kriminalroman: zwei Kinder auf der Suche nach dem
gestohlenen Kompass eines fiktiven Schiffes, das die
aufständischen Matrosen in Kiel am 4. Nov. 1918
"erobert"
worden war.
Pirates
of the Carribean /
Fluch der
Karibik
Der magische Kompass (
Fotos HIER)
von Captain
JACK
SPARROW ist
von seiner Funktion her der gleiche wie in der folgenden

Bildergeschichte von Walt
Disney:
Der
Kompass des großen Khan
Ein Abenteuer von Micky Maus und Goofy, die ein
kompassähnliches Instrument
finden, das es seinem Besitzer ermöglicht, sich an jeden
beliebigen gewünschten Ort und Zeitpunkt
augenblicklich "beamen" zu lassen. Deutsche Übersetzung der
1968
in Italien kreierten Geschichte (
Topolino e la bussola del
Khan,
Mickey Maus heißt auf Italienisch Topolino). Wir kennen nur
eine
deutsche Übersetzung. Laut Mickeymaus-Club gibt es keine
englische
Version.
Foto
rechts: Goofy und Mickey mit dem Kompass (zum
Vergrößern,
Bild anklicken)
Auf dem Deckblatt
der neuen Ausgabe wird ein Kompass
mit Deckel
gezeigt
abweichend von der Originalversion.
La
boussole d'ivoire
(
Link
zur 1. S. / Der Elfenbeinkompass)
Französische Bildergeschichte aus der
Serie
Les
histoires en images
(Nr. 185 vom 18.9.1924, 4 S., 19 x 29,5 cm) über die Rettung
eines
jungen Matrosen nach dem Untergang seines Schiffes dank des Kompasses
seines verstorbenen Vaters (Kopie 10
€; s. die Museums-Boutique).
S. a. die
Kurzgeschichten
auf
den Schachteln von
Frühstücksgetreide (u.a.) als Werbung für
einen
Fingerring
mit Kompass.
La
boussole merveilleuse (Der
Wunderkompass, Olivier de Traynel,
Pseudonym von Jean de Neltray, Boivin & Cie Ed., ca.
1920-1930)
Französischer Abenteueroman, in dem ein Kompass
genannter
Metalldetektor
die zentrale Rolle spielt: das Gerät klingelt in der
Nähe von
Gold und die Nadel zeigt die Lage des Schatzes...